Bastia, die Engel und Dämonen von San Fiorenzo
San Fiorenzo: auf den Wänden erstrahlen die „Karikaturen“ der Armenbibel
Schlüpfrige Schlangen winden sich überall. Sie sind riesig und dick und beißen die drei Männer in die Köpfe. Das Blut sprudelt hervor und sie sterben. Einer hat einen Hut auf dem Kopf und er scheint sich noch vorwärts zu schleppen. Ein vierter Mann, ebenfalls mit einem Hut, flüchtet. Vielleicht kann er entkommen. Seine Arme sind gebeugt und die Handflächen geöffnet, aber er schaut mit Grauen zurück. Im Hintergrund sind eine Burg, weit entfernt, und eine Herde Schweine, die im Boden wühlen. In der Kirche San Fiorenzo gibt es überall Monster.
San Fiorenzo, die Armenbibel
Fresken bedecken die gesamte Fläche der kleinen Kirche San Fiorenzo in Bastia, wie ein gigantischer Comicstrip, der sich ringsumher auf den Wänden entfaltet. Die „Karikatur“ der Invasion der Monster, direkt neben dem Eingang, ist zwar nicht die größte und nicht so deutlich, aber sie berührt, sobald man sie erblickt. Sie ist krass in ihrer stilisierten Einfachheit. Hebt man den Blick, findet man noch vor dem Altar auf beinahe der gesamten Seitenwand die „Gigantografie“ der Hölle. Das größte Fresko macht nur zu deutlich, warum man seine Seele nicht mit Sünden beladen sollte. Denn sonst erwartet einen folgendes Schicksal: Der Dämon in Gestalt eines zweibeinigen Reptils hat überall Gesichter mit aufgesperrten Mäulern, auf den Knien, den Armen, unter dem Becken und über dem Kopf. Sie alle verschlingen die nackten Körper der Verdammten. Unten befinden sich, angeführt von einem Dämon, die im Gänsemarsch auf ihr unentrinnbares Schicksal (ein gigantischer Drachenschlund, der sie alle verschlucken wird) zugehenden menschlichen Darstellungen der sieben Todsünden: Jähzorn, Habgier, Neid, Hochmut, Völlerei, Trägheit und Wollust, alle unterjocht von ihren Sünden und am Hals angekettet. Die Fresken stammen aus dem 15. Jahrhundert(es gibt die Datumsangabe 24. Juni 1472). Sie übertragen die inbrünstigen und frommen Gebete der Demütigen in Farbe. Dabei werden biblische Episoden, apokryphe Evangelien und Heiligenlegenden zu einer regelrechten Biblia pauperum (Armenbibel) zusammengefügt.
San Fiorenzo, die Legende
Wer war der Heilige Florentius (San Fiorenzo)? Sein Leben ist natürlich von Legenden umwoben, die auf das Schicksal der Thebäischen Legion zurückgehen, jener römischen Armee, die zum Christentum konvertiert war und sich weigerte, im Kanton Wallis im alten Gallien Gläubige hinzurichten. Florentius war ein Adliger und sehr geschickt im Umgang mit Waffen. Kaiser Maximian gab den Befehl, die Legion auszulöschen, aber Florentius überlebte und kam über die Berge bis nach Bastia. Hier wurde er von den Bewohnern wohlwollend empfangen und wirkte zahlreiche Wunder, aber die Spione des Kaisers waren überall. Florentius wurde gefangengenommen und die einzige Möglichkeit, sich zu retten, war, dem christlichen Glauben abzuschwören. Er weigerte sich und wurde hingerichtet. Der Legende nach befinden sich die sterblichen Überreste des Heiligen unter der Kirche.
_________
STANDORT
DER VEREIN
Die kleine Kirche San Fiorenzo ist eine zugängliche Zeitreise, denn sie ist an allen Sonntagen von April bis Oktober von 15 bis 19 Uhr geöffnet. Man kann an kostenlosen geführten Besichtigungen teilnehmen. An allen anderen Tagen und für weitere Informationen, wendet man sich an den Kulturverein „San Fiorenzo“, der sich darum kümmert:
Tel: 0174 60125 oder 338 4395585
E-Mail: sanfiorenzo@infinito.it.
DIE ANDEREN KAPELLEN
Neben San Fiorenzo, gibt es im Monregalese und der Langa viele kleine Kirchen von großem geschichtlich-künstlerischem Wert. Besonders zu erwähnen sind die Kapellen San Bernardo in Piozzo und San Rocco in Mombarcaro. Besichtigen kann man sie ganz eigenständig mittels der App „Chiese a porte aperte“ (Kirchen mit offenen Türen), die den Zugang ohne Fremdenführung ermöglicht. Weitere nennenswerte „Kleinode” dieser Art finden sich in Cigliè, Rocca Cigliè, Rocca de’ Baldi, Roccaforte, Niella Tanaro, Sale San Giovanni, Prunetto, Dogliani, Lesegno, Marsaglia, Peveragno, San Michele und Castellino Tanaro.
Es gibt rund 60 Etappen dieses Netzes und dank des unermüdlichen Einsatzes des Vereins „Volontari per l’arte“ (Freiwillige für die Kunst) sind sie der Öffentlichkeit zugänglich.
DAS NETZ DER KAPELLEN DES TANAROS
10 zu besichtigende Kapellen zwischen Cigliè, Rocca Cigliè, Bastia und Niella Tanaro
cappelledeltanaro.it/